Das Bundesinnenministerium und sein Strategiepapier

Aritkel von der Seite: Clubderklarenworte.de von Markus Langemann:
„Innenministerium hat keine Ahnung wer im CORONA-Krisen-Papier was geschrieben hat.“

Zitat aus dem Strategiepapier:
Um die gewünschte Schockwirkung zu erzielen, müssen die konkreten Auswirkungen einer Durchseuchung auf die menschliche Gesellschaft verdeutlicht werden:

Brisanter Email-Verkehr zwischen der Medizinjuristin Dr. Marion Rosenke und dem Bundesinnenministerium,

das für Frau Dr. Rosenke zu folgender Schlussfolgerung führt:

„Im Bundesinnenministerium interessiert man sich nicht für die Person, die an einer solch‘ exorbitant wichtigen und mit weitreichenden Folgen verbundenen Erstellung eines „Szenarienpapiers“ alias „Strategiepapiers“ beteiligt ist? Wie soll denn dann die Expertise der Person / des Mitautors in Bezug auf den jeweiligen Abschnitt überprüft werden?“

Bilden Sie sich also ihr eigenes Urteil und lesen Sie im Club der klaren Worte auf der Homepage die originale E-Mail-Korrespondenz.

Hintergrund:
Am 30. März 2020 erhielt ich das als „Strategiepapier“ mit dem Vermerk „VS – Nur für den internen Dienstgebrauch“ gekennzeichnet, aus dem Innenministerium aus Berlin zugespielt. Am 3. Mai habe ich es hier, zusammen mit einem Antwortschreiben das Innenministeriums, das die Authentizität bestätigt und zugleich einige Autoren des Papiers benennt, veröffentlicht. Später ist das Papier in „Szenarienpapier“ umbenannt und inzwischen auch vom BMI öffentlich gemacht worden. Die Medizinjuristin Dr. Marion Rosenke hatte gemäß des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) das Innenministerium um umfangreiche Auskunft gebeten.
Die beiden Dokumente, das „Strategiepapier“ und die Originalantwort des Innenministeriums finden Sie in einem Artikel auf der Homepage weiter unten auch zum herunterladen.

Aritkel von der Seite: Abgeordnetenwatch
 
Das interne Strategiepapier des Innenministeriums zur Corona-Pandemie
 

Das Bundesinnenministerium hat ein Strategiepapier ausgearbeitet, das den Umgang der Bundesregierung mit der Corona-Pandemie vorzeichnen soll. Zahlreiche Medien liegt das Dokument zwar vor, doch sie zitieren daraus nur auszugsweise – veröffentlichen tun sie es nicht. Auch das Innenministerium selbst machte das Dokument bisher nicht zugänglich. Unser Partnerprojekt FragDenStaat hat das Strategiepapier nun veröffentlicht. Wir dokumentieren es hier.

Wie umgehen mit der Corona-Pandemie? Das Bundesinnenministerium hat ein 17-seitiges Strategiepapier mit dem Titel „Wie wir COVID-19 unter Kontrolle bekommen“ verfasst und nach dem 18. März an weitere Ministerien sowie das Bundeskanzleramt verteilt. In der Studie fordern die Autor:innen, zu denen offenbar Wissenschaftler:innen gehören, unter anderem eine massive Ausweitung von Tests.

Das Papier lag in der vergangenen Woche bereits verschiedenen Medien vor. Keines veröffentlichte das Dokument jedoch. Nun hat das Portal FragDenStaat das Papier in Form eines pdf-Dokumentes auf seiner Internetseite für die Allgemeinheit zugänglich gemacht.
Wir veröffentlichen es nachfolgend im Volltext:

„Big Data“, Anarchie und Mobilisierungskampagne

In ihrer Berichterstattung setzten die Medien unterschiedliche Schwerpunkte. Während tagesschau.de Handlungsanweisungen zum vermehrten Testen in den Mittelpunkt rückte, beschrieb der Spiegel zunächst das Worst-Case-Szenario aus dem Papier, nach dem es zu über einer Millionen Todesfällen kommen würde. Die taz erwähnte zudem Vorschläge zu einer Veränderung der Kommunikationsstrategie.

Danach folgern die Autor:innen des Strategiepapiers, dass Behörden eine „Schockwirkung“ erzielen müssten, um Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die menschliche Gesellschaft zu verdeutlichen. Es solle klar gemacht werden, dass bei einer Infizierung mit dem COVID-19-Virus eine Todesart das „qualvolle“ Ersticken sein könne. Zudem seien auch Kinder Opfer des Virus und auch bleibende Folgeschäden bei einer Erkrankung seien nicht ausgeschlossen. Unter Bezug auf vorige Krisen solle zudem „historisch argumentiert“ werden. „2019 = 1919 + 1929“, heißt es in dem Papier. Im schlimmsten Fall drohe, „dass dies die Gemeinschaft in einen völlig anderen Grundzustand bis hin zur Anarchie verändert“.

Um die verschiedenen Szenarien eines Krisenverlaufs darzustellen, nehmen die Autor:innen offenbar Bezug auf den vielzitierten Artikel „Hammer and Dance“ des Managers Tomas Pueyo. Er schlägt unter anderem eine massive Senkung von sozialen Kontakten vor – eine Maßnahme, die nur Wochen dauere. Vor allem dieser Teil des Artikels ist nicht ohne Kritik geblieben.

Zivilgesellschaft und „Online-Gemeinschaft“ stärken

Die Maßnahmen im Zuge der Corona-Krise – eine Erhöhung der Tests und Sauerstoffkapazitäten sowie Verringerung von Sozialkontakten – müsse der Gesellschaft transparent kommuniziert werden. Zudem fordern die Autor:innen des Papiers, dass „längerfristig der Einsatz von Big Data und Location Tracking unumgänglich“ sei. Einen Beleg für diese These liefern sie allerdings nicht.

Zudem heben die Autor:innen hervor, dass neben einer Aufklärung durch Behörden zivilgesellschaftliche Solidarität notwendig sei. Sowohl Nachbarschaften als auch „die Online-Gemeinschaft“ solle weiter mobilisiert werden, um Personen zu versorgen und Risikogruppen zu unterstützen.

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Brisante Informationen: Veröffentlicht die Dokumente

Kommentar auf uebermedien.de | 6. April 2020

Das Innenministerium hatte sich bisher mit Verweis auf die angebliche Vertraulichkeit des Dokuments geweigert, es auf Basis des Pressegesetzes oder der Informationsfreiheitsgesetze herauszugeben. Es ist als „Verschlusssache – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Aufgrund der Wichtigkeit der darin enthaltenen Strategien hat sich FragDenStaat dennoch zu einer vollständigen Veröffentlichung entschieden, um eine öffentliche Diskussion darüber zu ermöglichen.

Update, 4. AprilLaut Frankfurter Allgemeiner Zeitung wurde das Strategiepapier vom 19. bis 22. März von einer „Gruppe von rund zehn Fachleuten“ verfasst, darunter Wissenschaftler des Instituts der deutschen Wirtschaft und vom RWI-Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung. (Und nein, das Papier ist kein Aprilscherz.)

Update 20. Mai 2020: Das Bundesinnenministerium hat eine Fassung des nachfolgend veröffentlichten und zunächst als Verschlusssache eingestuften Papiers inzwischen auf seiner Internetseite zugänglich gemacht

Arne Semsrott

Der Autor ist Leiter unserer Partnerorganisation FragDenStaat.de, über das sich Dokumente von Behörden per Informationsfreiheitsgesetz anfordern lassen.
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